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Uckermärkische Musikwochen

Himmel, Erde, Luft und Meer

Sa 12. Aug 2023 16 UhrTemplin, OT Herzfelde
Anna Kellnhofer, Sopran, schaut zur Seitevergrößern

Anna Kellnhofer, Sopran

Ensemble Bassonore:
Veronika Skuplik und Prisca Stalmarski, Violinen
Gertrud Ohse Viola da Gamba
Juliane Laake, Viola da Gamba und Violone
Adrian Rovatkay, Dulzian und Leitung
Marcin Swiatkiewicz, Cembalo und Orgel

Das Ensemble Bassonore wurde 1994 von Phoebe Carrai, Dane Roberts und Adrian Rovatkay, der damaligen Bassgruppe von Musica Antiqua Köln, gegründet. Seither tritt Bassonore in unterschiedlichen Formationen und Besetzungen auf, die MusikerInnen gehören zu den führenden Interpreten der historisch informierten Aufführungspraxis in Europa und haben Dozenturen und Professuren an Musikhochschulen im In- und Ausland inne. Die letzten vier Jahre war das Ensemble regelmäßig zu Gast bei den Uckermärkischen Musikwochen.

Die Musik an der Frankfurter Barfüßerkirche
zur Zeit von Johann Andreas Herbst

Der Frankfurter Kapellmeister Georg Christoph Strattner ist der jüngste Komponist unseres Programms und vielleicht der bedeutendeste. 1657 hat er als 12 jähriger Chorknabe zusammen mit seinem Onkel S. Capricornus den schon alten J.A. Herbst in Frankfurt besucht. S. Capricornus hatte als Geschenk eine Auswahl seiner bis dahin in Bratislava (damals Pressburg) komponierten Werke als Abschriften und Drucke im Gepäck. Einerseits eine unter Komponisten üblich Geste der gegenseitigen Wertschätzung, andererseits als Werbung in eigener Sache nicht zu unterschätzen, dienten die Noten doch zur Verbreitung der Musik. Außerdem hatte sich der Musikgeschmack seit Herbsts Amtsantritt verändert und als etablierter Komponist, dessen gedruckte Werke eine höhere Auflage und Verbreitung vorzuweisen hatten als die des großen Heinrich Schütz, konnte es nicht schaden, sich für eine möglicherweise bald anstehende Nachfolge geschickt in Position zu bringen. Letztendlich führte es S. Capricornus im selben Jahr als Hofkapellmeister nach Stuttgart wohin er als Vormund seinen Neffen Strattner mitnahm.
Der Name des damaligen Chorknaben und späteren Musikdirektors der Barfüsserkirche Georg Christoph Strattner, ist heute nahezu in Vergessenheit geraten. Am ehesten kennt man noch das Lied „Himmel, Erd, Luft und Meer“ aus dem Evangelischem Gesangbuch, welches wir gemeinsam mit dem Publikum am Ende des Konzerts intonieren wollen. Gerade solche Gelegenheitsarbeiten, die es bis in die Gesangsbücher geschafft haben, sowie persönliche Schicksalsschläge führten dazu, dass die Musikgeschichte Strattner, wenn überhaupt, in den Fußnoten als Kleinmeister vermerkt hat.
Die Qualität der geistlichen Konzerte jedoch zeugt davon, welch herausragender Musiker Strattner war und lassen ihn als einen der wichtigsten deutschen Komponisten der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts erscheinen.
Sein persönliches Schicksal durch die Verbannung wegen Ehebruchs 1692 aus dem pietistischen Frankfurt, verhinderte, dass sich seine bis dato hoch geschätzten Werke weiter verbreiten konnten. Strattners letzte Stelle als Weimarer Vizekapellmeister legt noch einmal Zeugnis spannender Musikgeschichte ab, saß doch ab 1703 für ein Jahr der 18jährige J.S. Bach als Bratschist und Violinist unter der Leitung Strattners in der Kapelle, erfüllte also unter Strattner als Vorgesetztem seine erste Stelle als Musiker. Bei der übersichtlichen Anzahl der angestellten Musiker der Kapelle ist es wahrscheinlich, dass es neben der Probenarbeit von Werken Strattners auch zu persönlichem Austausch der Komponisten gekommen ist und das Bach dessen Werke studierte bevor er 1704 seine erste Organistenstelle in Arnstadt antrat.
Eine angemessene Würdigung der Beiträge Strattners zur Entwicklung der geistlichen Vokalmusik blieb bis heute weitgehend aus. Cosimo Stawiarski leistete als Musikwissenschaftler grundlegende Recherchearbeit zu Strattner und stellte für das Herzfelder Konzert die von ihm edierten Ausgaben der beiden Kantaten Strattners zur Verfügung.

Unter der Ägide Herbsts hatte sich eine in der venezianischen Mehrchörigkeit verwurzelte Musiksprache herausgebildet, in der sich durch die Weiterentwicklung des konzertanten Stils eine gleichberechtigte Instrumentalmusik emanzipieren konnte. So hat sich in Frankfurt neben der geistlichen Vokalmusik die Sonate als eigenständige Form entwickelt, von der wir im Konzert einige Beispiele hören werden. Formal noch sehr unterschiedlich dabei aber immer mehrteilig, geben diese frühen Sonaten Einblick in das Laboratorium der damaligen Komponistenwerkstätten, bevor die Gattung der Sonate einige Generationen später den Sonaten-Hauptsatz als Form herausbilden sollte.